Hautarzt-Praxis
Dr. med. Michael Schnicke

Dermatologe

Stark gerötete Haut mit gelben "Pickelchen" unter dem linken Arm einer Frau Abb. 1 Voll ausgeprägter Zoster

Rötung über dem rechten Auge einer jungen Frau Abb. 2 Zoster im Frühstadium

Zoster am Hals Abb. 3 Typische Lokalisation am Hals

stark geschädigter Oberkörper und Gesicht eines älteren Patienten Abb. 4 Zoster generalisatus

blutige Stelle auf der Glatze eines älteren Patienten Abb. 5 haemorrhagischer Zoster

Entzündetes Augenlid und gelblich verfärbter Augapfel einer älteren Patientin Abb. 6 Hautatrophie und Skleritis

eitrig entzündete Stirn und Augenlid. Das Auge ist völlig zugeschwollen Abb. 7 Superinfektion mit Lidoedem

Zoster

Immer häufiger leiden Patienten an einer behandlungsdürftigen Gürtelrose. Im Unterschied zu den meisten anderen Viruserkrankungen stehen für die Zosterbehandlung wirkungsvolle Virustatika zur Verfügung. Bei frühzeitiger Therapie kann die Abheilung der Hautläsionen beschleunigt, der zosterassoziierte Schmerz reduziert und das Auftreten anderer Komplikationen verhindert werden: Erhalten Zosterpatienten rechtzeitig in der Akutphase eine richtige Therapie, bleibt vielen eine Karriere als chronischer Schmerzpatient erspart.

Zoster (griech. Gürtel, Band) ist die neurotrope Reaktivierung des in den Gliazellen der Spinalganglien persistierenden Varicella‑Zoster‑Virus (VZV), Im Gegensatz zu den Windpocken ist hier nur der Bläscheninhalt kontagiös. Außerhalb des Körpers kann das VZV je nach Umgebungsbedingungen einige Tage seine Infektiosität bewahren.

Etwa 25% der Bevölkerung erkranken einmal im Leben an Zoster. Die jährliche Zahl in Deutschland wird auf 350.000 geschätzt, wobei mehr als die Hälfte der Betroffenen über 60 Jahre alt sind. Im Allgemeinen rezidiviert die VZV nur einmal im Leben.

Fehldiagnosen sind häufig

In den sensorischen Nerven der Haut führt die beginnende Zostererkrankung im entsprechendem Dermatom ipsilateral (ein beidseitiger Befall ist eine Rarität) zu Prodromalschmerzen und Parästhesien. Diese Initialphase kann drei bis fünf Tage dauern. Hier sind Fehldiagnosen besonders häufig (Siehe Tabelle am Seitenende).

Aus den anfänglichen, ganz diskreten Flecken (Abb. 2), entwickeln sich im geröteten Hautareal gruppiert stehende Bläschen. Erst, wenn die Gürtelrose "erblüht" (Abb. 1), ist die Blickdiagnose möglich. Daher rufe ich bei Zosterverdacht den Patienten nach 24 Stunden zurück oder bestelle ihn ggf. noch einmal am 3. Tag zur Nachschau ein.

Am häufigsten in der Praxis ist der Zoster im Hals‑ und Thoraxbereich (50%, Abb. 3), sowie im Kopfbereich (20%), Selten (2%) kommt es bei Virämie zum Zoster generalisatus (Abb. 4), die schwerste Form der disseminierten Gürtelrose mit varizellenähnlichem Bild bei Immunsupression, aber auch Schwangeren und Neugeborenen.

Zoster kann ins Auge gehen!

In der Regel verläuft der Zoster beim Immunkompetenten selbstlimitierend. Schwere Komplikationen betreffen häufig den Stirn‑ Augenbereich (Abb. 5). Hier sind hämorrhagische und gangränöse Verläufe gefürchtet, deren Abheilung meist Narben, Pigmentstörungen sowie Defekte auf Haut und Subkutangewebe zurücklassen. Abb. 6 zeigt Atrophieherde im Stirnbereich mit persistierender gelber Skleritis. Schlimmstenfalls droht ein Sekundär‑Glaukom, eine Netzhautnekrose und sogar die Atrophie des Nervus opticus. Ein schwerer begleitender Befall mit Zosterkeratitis wird beim Nervus trigenimus I gesehen, wobei typischerweise der Ramus nasociliaris betroffen ist (Hutchinson‑Zeichen). Daher immer auf Befall der Nasenspitze achten! Beim Zoster oticus imponiert der Befall der Ohrmuschel und deren Umgebung, hier sind der Hörverlust und die Facialisparese gefürchtet.

Zu den seltenen Komplikationen gehören Enzephalitis und Meningitis. Häufiger kommt es zu einer Sekundärinfektion des immungeschwächten Hautareals. Abb. 7 zeigt einen Zoster ophthalmicus links mit kontralatarelem Lidödem und Superinfektion.

Die wichtigsten Therapieziele sind:

  • Schmerzen in der Akutphase lindern,
  • Ausdehnung und Dauer der Hautveränderungen begrenzen,
  • PZN abzuschwächen und
  • Komplikationen verhindern.

Die Haut mit antiviralen Lokalpräparaten zu behandeln, ist beim Zoster völlig wirkungslos. je nach Exanthemstadium verordnet man austrocknend und antiseptisch feuchte und bakterizide Umschläge (z.B. Lotio alba, Gentamycin Creme, Tannosynt® oder Tannolact® Lotio.) Zugleich schmerzlindernd wirkt die Anaesthesulf® Lotio sowie später leicht rückfettend die Optiderm® Creme (beide mit Polidocanol). Die orale Therapie vorausgesetzt besitzt die Kombination von Sulmycin® mit Celestan® V Creme lokal aufgetragen, sowohl antiseptische wie antiinflammatorische Eigenschaften. Hitze, Rötung, Schwellung und Schmerz sind viel rascher rückläufig. Ruhig 5mal täglich aufgetragen wird sie nicht abgewaschen, sondern rasch resorbiert. Grundsätzlich keine Okklusiv‑Verbände auf Zosterherde, lieber Luft und Sauerstoff an die Wunde lassen; gegebenenfalls mit sterilen Kompressen oder Leinenlappen abdecken.

Systemische antivirale Therapie!

Der Zoster wird leider oft noch als harmlos eingestuft, was bei Abwehrgeschwächten und Alten erheblich die Lebensqualität beeinträchtigt. Eine Therapie ist dringend indiziert bei:

  • Alter über 50 Jahre,
  • altersunabhängig ein Zoster bei Immunsupression und malignem Grundleiden,
  • jeder Zoster im Kopfbereich und
  • Patienten mit schwerer Dermatitis atopica.

Vier orale Substanzen stehen zur Verfügung:

  • der "Oldie" Aciclovir 80Omg 5x täglich oral (i.v.‑Gabe für Kinder, Schwangere und Stillende, Zoster im Kopf‑ und Augenbereich),
  • Famciclovir 250mg 3x täglich,
  • Valaciclovir 1000mg 3x täglich und
  • Brivudin 125mg 1x täglich

Für die Dermatologen ist Brivudin (Zostex®) über sieben Tage die Therapie der 1. Wahl. Es hat eine erheblich größere antivirale Potenz, die Einmaldosis erleichtert die Compliance entscheidend. Bereits nach zwei Stunden sind 90% der Viren in ihrer Replikation gestoppt, und es treten 25% weniger postzosterische Neuralgien auf als unter Aciclovir. Dauer und Schweregrad des Zosterverlaufs lassen sich heute also entscheidend reduzieren, vorausgesetzt, dass innerhalb von 72 Stunden begonnnen wird. Sieben Tabletten sind stets in der Praxis vorrätig. Und noch ein Tipp: Am 1.Tag 2x1 (evtl.gleich in der Praxis eingenommen) dann fünf Tage 1x1 Brivudin. Dies gewinnt noch einmal einen Tag, so dass der Therapiebeginn um 24 Stunden zurückegedreht wird.

Kompakt

Die postzosterische Neuralgie (PZN)

Halten die Schmerzen länger als vier Wochen nach Abklingen der Hauterscheinungen an, spricht man von einer postzosterischen Neuralgie. Mit 20% ist sie die häufigste Komplikation der Gürtelrose und entsteht durch Zerstörung von peripheren Nerven und Nervenknoten. Die PZN erfordert lange Therapie mit erheblichem Medikamentenaufwand. Daher ist die orale Virustase in den ersten 72 Stunden von ganz immenser Bedeutung. Zur Schmerzlinderung in der Akutphase erhalten die Patienten 3x 500mg Paracetamol täglich oder bis 3x 600mg Ibuprofen. Patienten mit besonders starken Schmerzen überweise ich in die Schmerzambulanz.

Kortison beim Zoster?

Steroide ‑ solo sind sie absolut kontraindiziert ‑ können zwar die Akutschmerzen verkürzen, haben aber keinen Einfluss auf die chronische Schmerzentwicklung. Eine geringe Kortisonmenge wird einerseits die antivirale Therapie nicht unterdrücken, andererseits aber die gewebeschädigende Immunreaktion und die Zellnekrosen reduzieren.

Wenn aus Gürtelrose Windpocken werden

Gürtelrose selbst ist nicht übertragbar, sie kann aber bei Kontakt mit der Bläschenflüssigkeit Varizellen bei denen auslösen, die noch keine hatten. Im Wartezimmer sollten Zoster-Patienten deshalb separat sitzen. Auch müssen sie auf Besuche im Krankenhaus oder Entbindungsstationen verzichten und sollten öffentliche Einrichtungen meiden. Viren, die sich in der Wäsche verstecken, werden ebenso wie sämtliche Pilzsporen bei 60° C in der Waschmaschine abgetötet.

Ihr